Projekt 00770/01

Integrierte geophysikalische Untersuchungen von radiogen gefährdeten Altlasten und zur Auswahl neuer Deponiestandorte

Projektträger

Technische Universität Bergakademie Freiberg Institut für Geophysik
Gustav-Zeuner-Str. 12
09596 Freiberg
Telefon: 03731/39-3121

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Für die Untersuchungen waren die Abraumhalden des Uranbergbaus im Westerzgebirge vor allem in bezug auf eine Mobilisierung radioaktiver Elemente innerhalb des Haldenkörpers und deren Transport ins Grundwasser von großem Interesse. Das Ziel der ober-flächengeophysikalischen Erkundungsarbeiten war der Nachweis physikalischer Wirkungen von radioaktiven Elementen und die Erfassung solcher Zonen, die eine Migration aus der Halde gestatten. Ein weiteres Untersuchungskriterium galt der geologischen Barriere im Untergrund bezüglich einer Eingrenzung des vermuteten Stofftransports.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Untersuchungsgebiet umfaßte mehrere kleine Halden des Altbergbaus westlich von Schneeberg-Neustädtel. Das Hauptinteresse richtete sich auf die Halde Junge Kalbe, die bereits einer geochemischen Analyse durch Glänzer 1994 unterzogen wurde. Die Gesteine des Gebietes sind Phyllite, die nur über eine sehr geringe Klüftungsfreundlichkeit verfügen. Das Haldenmaterial besteht vorwiegend aus Phylliten, Gangmaterial der BiCoNi-Formation und Oxydationsprodukten. Der Boden ist nur flachgründig ausgebildet und besitzt eine lehmige Beschaffenheit. Das Gelände fällt mit ca. 4 nach Nordosten ab. In Abhängigkeit von der Morphologie waren zwei Möglichkeiten der Migration radioaktiver Elemente mit dem Grundwasser zu betrachten: einerseits der oberflächennahe Abfluß längs des Reliefs und andererseits der Abfluß in Kluft- und Störungszonen. Dazu wurden zwei Parallelprofile (Länge 500 m, Abstand 20 m), die sowohl den Aufstrom- als auch den Abstrombereich der Halde erfaßten, im größten Geländegefälle eingemessen. Auf beiden Profilen wurden geothermische und -spektrometrische Messungen durchgeführt. Ein drittes Profil für die Spektrometrie wurde in der Abzugsrösche der Fundgrube Gesellschaft aufgenommen. Als drittes Verfahren kamen Radonmessungen der Bodenluft zum Einsatz. Für die Untersuchung des Migrationsprozesses war weiterhin eine separate Analyse lithologischer und tektonischer Parameter erforderlich. Deshalb wurden ausgehend von den Meßergebnissen sowie den geologischen Verhältnissen einfache Modellrechnungen vorgenommen, um die Transportverhältnisse im Untersuchungsgebiet anhand der Wärmeausbreitung zu erfassen.


Ergebnisse und Diskussion

Bei allen drei durchgeführten Verfahren ließen sich die Halden des Untersuchungsgebietes als Anomalie abgrenzen. Für die Spektrometrie und die Geothermie bildeten sie sich als Maxima und für die Radonmessungen als Minima ab. Allerdings ist die genaue Anomaliebegrenzung für die verwendeten Verfahren unterschiedlich, da verschiedene Einflußfaktoren auf die jeweilige Meßgröße wirken und die Methoden unterschiedliche Eindringtiefen besitzen. Zwischen beiden Parallelprofilen waren keine gravierenden Unterschiede zu beobachten. Bei der Spektrometrie ist eine gute Übereinstimmung der Maxima mit den tatsächlichen Haldenabmessungen gegeben. Dabei steigen die Werte für den Urangehalt und den totalen Gehalt in Uran äquivalent auf das 4- bis 10-fache der im Untersuchungsgebiet vorliegenden Konzentrationen. Für die zwischen den Halden gelegenen Wiesen und Äcker ist ein nahezu einheitliches Niveau charakteristisch. Die gemessenen Konzentrationen sind für Kalium und Thorium mit den Durchschnittsgehalten für Phyllit bzw. Tonschiefer identisch. Nur für Uran ist eine leichte Erhöhung feststellbar. Als Ursache dafür kann die Verschleppung von Haldenmaterial infolge der landwirtschaftlichen Nutzung angesehen werden. Auffällig sind die erhöhten Konzentrationen im Abstrombereich der Halde Junge Kalbe, die auf einen Austrag aus der Halde deuten. Allerdings konnte diese Annahme nicht bestätigt werden, da die dort gemessenen Gehalte in keiner Komponente die Vertrauensschranken, die mittels des Profiles 3 (Abzugsrösche) berechnet wurden, übersteigen. Die Migration radioaktiver Elemente, insbesondere Uran, ist an das Transportmedium Wasser gebunden. Lösliche radioaktive Substanzen können aufgrund des gekoppelten Transports von Wasser und Wärme durch Temperaturmessungen unter Berücksichtigung des Wärmeausbreitungsverhaltens nachgewiesen werden. Migrationsvorgänge setzen immer einen Energiefluß voraus. Die Hauptenergiequelle ist die durch den Zerfall der langlebigen Isotope 238U, 235U, 232Th und 40K bedingte radiogene Wärmeproduktion. Mittels der oberflächennahen Temperaturmessungen wurden Temperaturdifferenzen mit einer Amplitude von maximal 3 K ermittelt. Die Halde Junge Kalbe zeichnete sich dabei als Maximum infolge der radiogenen Wärmeproduktion ab. Allerdings war eine Verschiebung des Maximums in Richtung SW über die Halde hinaus zu beobachten. Diese Verschiebung kann durch an Auflockerungszonen im Haldenbereich eindringendes Oberflächenwasser hervorgerufen werden, so daß sich durch die migrierende fluide Phase ein konvektiver Wärmetransport vollzieht. Schwankungen im Temperaturfeld können zudem aus der wechselnden Vegetation und Nutzung sowie aus einer unterschiedlichen Durchfeuchtung der ungesättigten Zone resultieren. Als Ergebnis der Radonmessungen bildeten sich die Haldenbereiche aufgrund einer guten Durchlüftung als Minima ab. Maxima deuten dagegen auf eine Verdichtung der obersten Bodenschichten, da die radonliefernden Untergrundgegebenheiten als nahezu konstant betrachtet werden müssen. Konzentrationsschwankungen beruhen somit auf einer variierenden Mikroklüftigkeit und Durchfeuchtung, da Wasser, das in Kapillaren oder als Film über jedem Teilchen vorhanden ist, die Freisetzungsrate begünstigt. Eine Migration radioaktiver Elemente aus dem Haldenkörper konnte anhand der eingesetzten geophysikalischen Verfahren nicht belegt werden, da Zonen erhöhter Wasserwegigkeit nur im Böschungsbereich der Halden dokumentiert werden konnten. Die Migration in der geologischen Barriere, die mittels der Simulation der Wärmeausbreitung untersucht wurde, ist lokal begrenzt. Ein Einfluß auf das Untersuchungsgebiet ließ sich nicht erkennen; die Wirkung des Geländereliefs trat dabei fast vollständig zurück.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse der geophysikalischen Messungen wurden auf der 55. Jahrestagung der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft in Hamburg vom 20. bis 24. März 1995 als Referat vorgestellt.


Fazit

Mittels radiometrischer und geothermischer Messungen wurde eine Halde des Altbergbaus im Westerzgebirge als Schadstoffquelle bezüglich radioaktiver Elemente abgegrenzt. Neben erhöhten Konzentrationen an Uran, Thorium und Kalium wurden auch Temperaturanomalien registriert. Andererseits wurde für die Halde eine geringere Radonexhalation infolge einer guten Durchlüftung des Haldenkörpers beobachtet. Eine Migration radioaktiver Elemente in den Untergrund wurde nicht festgestellt. Der vermutete Austrag längs des Reliefs konnte ebenfalls nicht nachgewiesen werden, da erhöhte Konzentrationen nicht nur im Abstrombereich der Halde vorlagen. Für die geologische Barriere, die aus Phyllit besteht, ist eine Ausprägung dominanter Fließwege nicht zu erwarten, so daß großräumige Migrationsprozesse auszuschließen sind. Einfache Modellrechnungen bestätigten diese Ergebnisse.

Übersicht

Fördersumme

28.462,21 €

Förderzeitraum

01.02.1993 - 31.01.1995

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik